Hans Freiherr von Stackelberg ging von Bord
23. August 1924 – 29.11.2022
Präsident der S.T.A.G.
„Weiß ist das Schiff das wir lieben“ lautet eine Zeile des Gorch Fock – Liedes, das Hans Freiherr von Stackelberg zu Beginn seiner Fahrenszeit auf der Gorch Fock im Auftrag des Kommandanten schrieb. 13 Jahre, davon 6 Jahre als Kommandant, verbrachte er auf dem Schiff seiner Träume. Immer wieder kam er in Gesprächen darauf zurück, dass es kein Zufall sein könne, dass der Stapellauf der GORCH FOCK am 23. August 1958 auf den gleichen Tag fiel wie sein Geburtstag. Dieser Stapellauf, so berichtete er immer wieder, sei das einschneidenste Erlebnis seines Lebens gewesen. Seitdem hätte er nur ein Ziel gehabt, auf diesem Dreimaster zur See zu fahren. Erstaunlich, hatte er doch vorher bereits erfolgreich große Segelyachten im Mittelmeer geführt, offenbar nach einer „Lehrzeit“ auf finnischen Schonern. Aufgewachsen in Reval, dem heutigen Tallin, war er eigentlich schon immer mit kleinen Segelbooten unterwegs und Pferden(!), seiner zweiten großen Leidenschaft.
1960, vier Jahre nach seinem Eintritt in die Bundesmarine, kam der ersehnte Befehl zum Dienstantritt auf der Bark. Sie bestimmte die nächsten 18 Jahre und 70 000sm sein Leben – 6 Jahre davon als Kommandant – so lange wie kein anderer. Erfolgreich verteidigte er in diesen Jahren die wichtigsten Ziele der Ausbildung an Bord – Selbstvertrauen, Kameradschaft – gegen die ewig gleichen Argumente wie Segelschiffe seien überholt, zu teuer usw. Dass er dabei auch die hochrangigen Besucher wie Gustav Heinemann und Helmut Kohl überzeugte für sein Schiff einzutreten ist vermutlich kein Geheimnis.
1976, das Jahr der 200-Jahr-Feier der USA, empfand von Stackelberg zweifellos als Höhepunkt: Als einzige hatte die GORCH FOCK die Ziellinie unter Segeln überquert, das Rennen von Bermuda nach Newport (Rhode Island) sowohl nach berechneter als auch nach gesegelter Zeit gewonnen und damit auch die zum ersten und letzten Mal ausgesegelte „Five Sisters Trophy“.
Für diesen Pokal wurden nur die Zeiten der fünf damals noch aktiven Schwesterschiffe gewertet es war also eine Art „Privatrace“ der Gorch Fock – Schwestern. Frank Braynard, bekannter Schifffahrtshistoriker und „Erfinder“ der 1964 erstmals veranstalteten Operation Sail, brachte den Pokal selbst nach Hamburg. Im Hafenclub, an den St. Pauli Landungsbrücken, überreichte er im Sommer 1977 die riesige Trophäe.
Dass von Stackelberg während der Zeit als Kommandant des Segelschulschiffes auch seine zweite große Leidenschaft pflegte, davon berichten viele Geschichten. In seinem Buch, „Im Kielwasser der Gorch Fock“ berichtet er, dass ihm während des Bicentennials in New York ein Polizist sogar sein Pferd überließ. Auch wenn darüber vermutlich manches Garn gesponnen wurde, mindestens 4 Bücher zum Thema Reiten bestätigen diese Familientradition-auf den Listen großer Antiquariate findet man die meisten noch.
Auch nach dem Ende seiner Fahrenszeit blieb von Stackelberg der Seefahrt verbunden: Zunächst als Leiter des Referats Handelsschifffahrt im Bundesministerium für Verteidigung (bis 1978), gleichzeitig engagierte er sich immer mehr für das Sail Training. Bereits während seiner Zeit auf der Gorch Fock hatte er den Gedanken der internationalen maritimen Freundschaftsbeziehungen zur Überwindung politischer Grenzen gefördert. Da verwundert es nicht, dass er bald in die Deutsche Sailtraining Association (S.T.A.G.) eintrat und wenig später als Präsident ( 1984 -1987) Prof. Manfred Hövener beim Kauf des Feuerschiffes RESERVE SONDERBURG intensiv unterstützte. Allerdings konnte er sich mit dem Wunsch, das Feuerschiff zu einem großen Schoner umzubauen, nicht durchsetzen – daraus wurde die grüne Bark ALEXANDER VON HUMBOLDT. Dem Gedanken des Sail Trainings zur Jugendförderung blieb er trotzdem bis zu seinem Tod verbunden, zuletzt als Ehrenmitglied. Die vielen Artikel und Denkschriften die in den darauffolgenden Jahren in zahlreichen Zeitschriften und Tageszeitungen erschienen sind machen dies mehr als deutlich.
Die weltumspannende Gemeinschaft des Sail Trainings hat Kapitän zur See Hans Freiherr von Stackelberg viel zu verdanken!
Wie sehr die See sein Leben prägte, ein Leben das er so liebte, zeigen seine letzten Worte:
„In großer Dankbarkeit für ein langes erfülltes Leben melde ich mich
von Bord auf die letzte große Reise.“